Warum Deichmann (vielleicht) das bessere Zalando ist

Während Zalando die Schlagzeilen macht, geht Deichmann gelassen und mit leisen Schritten seinen digitalen Geschäften nach.

 

Dabei hätte der europäische Marktführer im Schuheinzelhandel mehr Hype verdient. Denn Omnichannel ist bei Deichmann längst selbstverständlich und erfolgreich. Wie kommt das?

 

Deichmann, da denkt man an günstige Schuhe und an ein Familienunternehmen, das nicht viel Aufhebens um sich macht und ein bisschen langweilig ist. Bis man dann mal günstige Marken-Sneaker online bestellt und für den Umtausch in einer Filiale landet.

 

Überraschung: Während andere noch von den Schwierigkeiten rund um Omnichannel und Serviceversprechen reden, ist das für den stationären Marktführer und vor allem für seine Mitarbeiter in den Filialen schon stinknormaler Verkaufsalltag.

 

Oder um im Agenturdeutsch zu reden: Der Kauf und Service über alle Kanäle ist längst Teil der Deichmann-DNA, denn der Händler startete bereits im Jahr 2000 als erster Schuhhändler mit einem Webshop und hat sein Internetangebot seitdem mit zunehmendem Tempo in Richtung Omnichannel weiterentwickelt.

Beispielhafte Vernetzung

Vormittags bestellt, kommt am späten Nachmittag eine Mail, dass das Paket unterwegs ist. Am nächsten Tag ist die Ware da. Dem Paket liegt ein Zettel bei: „Der Schuh drückt? Rückgabe bei Deichmann leicht gemacht.“

 

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Deichmann testet Omnichannelservice in 5 Filialen

 

Die Rückgabe, gemeinerweise an einem Samstagnachmittag in einer Filiale auf der stark besuchten Frankfurter Einkaufsmeile Zeil, klappt reibungslos und fix. Die Verkäuferinnen an der Kasse sind ein eingespieltes Team, ausgesprochen freundlich und geben Bargeld heraus, obwohl die Rechnung per Kreditkarte bezahlt wurde. Wenig später ist schon eine Bestätigungsmail über die Rückgabe da. „Wir freuen uns, wenn Sie unseren Shop bald wieder besuchen!“, heißt es dort.

 

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Hilfsbereite Mitarbeiter

 

So nimmt es nicht Wunder, dass die Geschäfte bei der Handelsgruppe aus Essen gut laufen, Zalando hin oder her. Im angelaufenen Geschäftsjahr hat die Deichmann SE in 23 europäischen Ländern und in den USA einen Bruttoumsatz von 5,6 Milliarden Euro (netto 4,8 Milliarden Euro) erzielt – den höchsten in der gut 100-jährigen Firmengeschichte. Das währungsbereinigte Umsatzplus lag bei 5,6 Prozent. 2016 hat die Unternehmensgruppe rund 173 Millionen Paar Schuhe in ihren weltweit 3.857 Filialen und Onlineshops verkauft – etwa eine Million Paar mehr als im Vorjahr.

Im laufenden Jahr will Deichmann rund 232 Millionen Euro in die internationale Infrastruktur investieren, auch die digitale Expansion geht weiter. „Unsere Umsatzentwicklung ist in hohem Maße auch durch das Onlinewachstum getrieben“, erläutert der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Deichmann SE, Heinrich Deichmann. In einigen Deichmann-Gesellschaften würden bereits 10 Prozent des Umsatzes über Omnichannel-Services erzielt.

 

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Heinrich Deichmann

 

Zurzeit verkauft die Gruppe ihre Produkte über 29 eigene Onlineshops und vier Online-Marktplätze. 2017 sind Deichmann zufolge weitere Webshops in den jeweiligen Märkten und damit verbundene Serviceangebote in Planung. Als Beispiel nennt Heinrich Deichmann die Omnichannel-Services wie zum Beispiel der Heimlieferdienst „Ship to home“ aus den Filialen, die weiter ausgebaut werden sollen.

 

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Gut sichtbare Ship-to-Home-Werbung

 

Seit Herbst 2015 können Kunden, die ihr Wunschmodell in der Filiale nicht in der passenden Größe oder Farbe finden, es mit dem „Ship to home“-Angebot im Geschäft bestellen und kostenlos nach Hause schicken lassen. Inzwischen können die Filialen nicht nur auf den Bestand des Onlineshops, sondern auch auf den gesamten Filialwarenbestand zugreifen. Und aus eigener Erfahrung kann man nur sagen: Das Angebot funktioniert tadellos.

Digitale Expansion: Testlauf mit fünf Omnichannel-Filialen

Außerdem läuft aktuell in Deutschland ein Testlauf mit fünf speziellen Omnichannel-Filialen im Stuttgarter und Essener Raum, in denen der Schuhhändler stationär und online noch enger verzahnen will. So gibt es in den Testfilialen beispielsweise große Touchscreen-Monitore, über die die Kunden das komplette Deichmann-Sortiment einsehen können, das online und in allen Filialen verfügbar ist, und dort auch direkt Artikel bestellen.

 

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Moderne Deichmann-Filiale

 

Die Filialteams arbeiten dabei mit Handhelds mit Scanfunktion. Mit deren Hilfe können sie die Bestandsverfügbarkeit prüfen und, wenn gewünscht,  Kundenbestellungen auslösen. Beim niederländischen Tochterunternehmen vanHaren laufen diese Tests seit rund anderthalb Jahren mit großem Erfolg: Inzwischen gibt es bei vanHaren bereits 20 dieser Omnichannel-Filialen.

Es zahlt sich also nun aus, dass Deichmann statt über die Digitalisierung und die neue Internetkonkurrenz zu jammern, einfach mal das Beste aus beiden Welten kundenfreundlich umgesetzt hat.

 

„2016 war für uns ein gutes Jahr. Wir haben uns sowohl stationär als auch online weiter positiv entwickelt und sind auch flächenbereinigt gewachsen“, freut sich der Deichmann-Chef. „Diese guten Ergebnisse sind nicht selbstverständlich, denn die generelle Situation im Schuhhandel ist schwierig. Uns ist es gelungen, uns vom Markttrend abzukoppeln.“ Und dazu trage unter anderem eben auch die „konsequente Omnichannel-Ausrichtung“ bei.

 

gelesen in:  e-tailment, das Digital Commerce Magazin von DER HANDEL
Von Sybille Wilhelm am 25. Juli 2017

 

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