Neue Verdienstgrenzen: Das müssen Arbeitgeber bei Midijobs beachten

Am 1. Oktober 2022 ist die Verdienstgrenze für Midijobs gestiegen. Viele Arbeitnehmer sind dadurch neu zu Midijobbern geworden. Was das für Arbeitgeber bedeutet – und welche Regelungen 2023 gelten.

Was ist überhaupt ein Midijob?

Was die Sozialabgaben angeht, liegen Midijobs zwischen Minijobs und einer regulären Beschäftigung.

Anders als Arbeitnehmer mit einem Minijob sind Midijobber sozialversicherungspflichtig; sie zahlen jedoch einen geringeren Beitragssatz als reguläre Angestellte. In dem sogenannten Übergangsbereich für Midijobs steigen die Beiträge für den Mitarbeiter Schritt für Schritt an, bis sie schließlich das volle Abgabenniveau erreichen: rund 20 Prozent des Einkommens.

Die Midijob-Regelung gilt jedoch nicht für alle Arbeitskräfte: „Davon ausgenommen sind Auszubildende, Studenten in dualen Studiengängen sowie Praktikanten und Bufdis, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr leisten“, sagt André Fasel, Experte für Versicherungs- und Beitragsrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See.

Unternehmen müssen Midijobber regulär bei den Sozialversicherungsträgern anmelden. „Anders als bei Minijobs ist dafür die Krankenkasse des Mitarbeiters zuständig“, erläutert Fasel. Die Kasse fungiert als Einzugsstelle für die gesamten Sozialabgaben.

Was hat sich am 1. Oktober 2022 geändert?

Zum 1. Oktober 2022 hat der Gesetzgeber die monatliche Verdienstgrenze für Minijobber von 450 auf 520 Euro erhöht. Die Verdienstobergrenze für Midijobber liegt nun bei 1600 Euro im Monat – bislang waren es 1300 Euro. Damit deckt der neue Übergangsbereich nun alle Einkommen zwischen 520,01 Euro und 1600 Euro im Monat ab (§ 20 SGB 4).

Achtung: Die Bundesregierung plant derzeit, die Verdienstgrenze im Januar 2023 erneut zu erhöhen – auf dann 2000 Euro im Monat.

Welche Mitarbeiter fallen neu unter die Midijob-Regelung?

Beschäftigt ein Arbeitgeber Mitarbeiter, die im Monat zwischen 1300 und 1600 Euro verdienen, zählen diese seit 1. Oktober 2022 neu zu den Midijobbern und profitieren von verringerten Sozialversicherungsbeiträgen. Insbesondere rutschen viele Teilzeitkräfte durch die Neu-Regelung in den Übergangsbereich.

Das Arbeitsministerium geht davon aus, dass bereits unter der alten Regelung rund 3,5 Millionen Beschäftigte im Midijob-Bereich gearbeitet haben. Diese Zahl dürfte durch die Ausweitung nochmals deutlich steigen.

Was ändert sich bei den Sozialabgaben?

Für Arbeitgeber lag der Beitragssatz im Übergangsbereich bis zum 30. September 2022 konstant bei knapp 20 Prozent. Das hat sich ab dem 1. Oktober 2022 geändert: Der Arbeitgeberbeitrag zu den Sozialabgaben beginnt nun bei 28 Prozent und wird nach und nach auf die Höhe des Arbeitnehmerbeitrags abgeschmolzen.

Für Arbeitnehmer sind die Sozialabgaben im Übergangsbereich ebenfalls gestaffelt: Sie steigen mit dem Verdienst von 11 Prozent auf rund 20 Prozent an. Ab einem Verdienst von 1600,01 Euro müssen Beschäftigte die vollen Sozialabgaben zahlen.

Auf Arbeitgeber kommen durch die Ausweitung der Midijob-Regelung also zusätzliche Kosten zu, während Arbeitnehmer im unteren Einkommensbereich entlastet werden.

Was passiert, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer fälschlich als Midijobber deklariert?

Maßgeblich für die Einstufung als Midijobber ist der regelmäßige monatliche Verdienst: Das bedeutet gelegentliche Unter- oder Überschreitungen der Verdienstgrenzen sind unproblematisch, solange der Verdienst im Durchschnitt im Übergangsbereich liegt. Bei der Einstufung sind allerdings auch Weihnachts- und Urlaubsgeld zu berücksichtigen.

„Sobald der Arbeitgeber merkt, dass seine Verdienstschätzung für das laufende Jahr falsch war, muss er das für die Zukunft korrigieren“, warnt der Experte für Beitragsrecht, Fasel.

Wenn der Mitarbeiter im Schnitt mehr verdient hat als 1600 Euro und trotzdem als Midijobber geführt wurde, hat der Arbeitgeber möglicherweise zu viel Sozialbeiträge abgeführt. Ein Rückerstattungsanspruch gegen den Arbeitnehmer besteht jedoch nur für die vergangenen drei Monate. Für diesen Zeitraum kann der Arbeitgeber zu viel gezahlte Sozialabgaben mit künftigen Lohnzahlungen verrechnen.

Neueinstufung wegen höherer Verdienstgrenzen nötig:

Die Anhebung der Verdienstgrenze auf 1600 Euro führt dazu, dass Arbeitgeber im Oktober 2022 eine neue Bewertung für die nächsten 12 Monate vornehmen müssen, wie die Deutsche Rentenversicherung Bund auf Nachfrage mitteilte. Das zu erwartende Einkommen in diesem Prognose-Zeitraum darf dann 19.200 Euro nicht überschreiten.

Steigt die Verdienstgrenze, wie geplant, im Januar 2023 auf 2000 Euro, wäre erneut eine Verdienstschätzung nötig – der maximal zulässige Verdienst im Midijob würde dann bei 24.000 Euro im Jahr liegen.

Außerdem hat die Bundesregierung die Verdienstgrenzen im Minijob an die Entwicklung des Mindestlohns gekoppelt: Wer nur wenig mehr verdient als 520 Euro im Monat, könnte 2023 daher bereits als Minijobber eingestuft werden.

Was gilt, wenn ein Mitarbeiter neben dem Midijob weitere Jobs hat?

Sollte ein Arbeitnehmer mehrere Jobs haben, werden die Gehälter aller Jobs addiert. Die Gesamtsumme entscheidet, ob der Arbeitnehmer als Midijobber eingestuft wird oder ob er den vollen Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss.

Beispiel: zwei Midijobs

  • Verdienst in Midijob A: 600 Euro + Verdienst in Midijob B: 600 Euro = Gesamtverdienst 1200 Euro -> Midijob
  • Verdienst in Midijob A: 900 Euro + Verdienst in Midijob B: 800 Euro = Gesamtverdienst 1700 Euro -> reguläre Beschäftigung

Übt der Arbeitnehmer neben dem Midijob noch Minijobs auf 520-Euro-Basis aus, so ist der erste Minijob anrechnungsfrei. Das Einkommen aus dem zweiten Minijob muss dagegen beim Midijob dazu gerechnet werden.

Beispiel: Midijob + Minijob

  • Verdienst in Midijob A: 1300 Euro + Verdienst in Minijob B: 400 Euro = Gesamtverdienst 1300 Euro (Minijob zählt nicht dazu) -> Midijob
  • Verdienst in Midijob A: 1300 Euro + Verdienst in Minijob B: 400 Euro + Verdienst in Minijob C: 400 Euro = Gesamtverdienst 1700 Euro (nur ein Minijob zählt) -> reguläre Beschäftigung

Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber informieren, wenn sie mehrere Jobs haben, damit dieser die Sozialabgaben korrekt berechnen, melden und abführen kann.

Wie lassen sich die reduzierten Sozialabgaben für Midijobber berechnen?

Midijobber erwerben volle Rentenansprüche – trotz reduzierter Beiträge. Auch die Leistungen von Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung können sie voll in Anspruch nehmen. Das macht die Meldung für Arbeitgeber komplizierter: Sie müssen den Gesamtbeitrag und den Beitragsanteil des Midijobbers über zwei verschiedene Formeln berechnen.

Welche Sozialabgaben im Übergangsbereich von 520,01 bis 1600 Euro für Arbeitnehmer und Arbeitgeber anfallen, kann mit dem Übergangsbereichsrechner der Deutschen Rentenversicherung berechnet werden.

Weitere Rechner finden sich im Internet – beispielsweise auf Smart-Rechner.de. Auch die gängigen Lohnbuchhaltungsprogramme sind in der Lage, die korrekten Beiträge zur Sozialversicherung für Midijobber zu berechnen.

gelesen in impulse | Der Newsletter für Unternehmer von Peter Neitzsch vom 02.11.2022