Studie des EHI: So ist die Lage an der Retourenfront

Retourenstudie: Drei von vier großen Online-Modehändlern der DACH-Region übernehmen die Rücksendekosten. Diese betragen bei fast der Hälfte aller Befragten zwischen 5 und 20 Euro, ergab die aktuelle Retourenmanagement-Studie des EHI Retail Instituts. Sie gibt auch Auskunft darüber, was mit den Retouren geschieht und wie sie am besten verhindert werden können.

Return to Sender: Retouren zählen zu den größten Renditekillern im Online-Handel.

Retouren gehören zu den größten Renditekillern des Online-Handels. Das hat das EHI Retail Institut einmal mehr in einer aktuellen Studie belegt. Demnach tragen drei von vier großen Online-Modehändlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kosten für die Rücksendung der Ware.

Das kann schnell ins Geld gehen: Bei knapp einem Drittel der 72 befragten namhaften Anbietern liegen die Retourenkosten bei bis zu 5 Euro. Bei fast der Hälfte (47%) betragen sie zwischen 5 und 20 Euro. Bei lediglich 2% überschreiten die Ausgaben pro Artikel die 50 Euro-Grenze.

Zum Vergleich: Die Forschungsgruppe Retourenmanagement hat vor einem Jahr ermittelt, dass ein retournierter Artikel im Mittel 11,24 Euro kostet. Davon entfallen im Schnitt 5,67 Euro auf die Transportkosten und 5,57 Euro auf die Bearbeitungskosten.

Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum der Branchenführer Amazon häufig bei Retouren von Produkten, die weniger als 10 Euro kosten, auf die Rücksendung verzichtet. Das heißt: Der Kunde muss den Artikel nicht zurückschicken, bekommt aber das Geld erstattet.

Zu den wenigen größeren Modehändlern, welche die Retourenkosten ihren Kunden auferlegen, gehört der japanische Filialist Uniqlo, der seit Februar vergangenen Jahres einheitlich 2,95 Euro für die Rücksendung berechnet

Weitere wichtige Ergebnisse der Studie „Versand- und Retourenmanagement im E-Commerce“ im Überblick:

Kostentreiber

Am stärkten schlagen bei zwei Drittel der befragten Händler die Ausgaben für die Prüfung, Sichtung und Qualitäts­kontrolle der zurückgegebenen Artikel ins Konto. 49% der Befragten bewerten die Ver­sand- bzw. Porto- und Transportkosten der retour­nierten Artikel als entscheidende Kostentreiber.

Einen nicht zu unterschätzenden Kostenblock bilden auch alle physischen Prozesse, die mit der Rücknahme von Retouren verbunden sind. Hierzu zählen Annahme, Vereinnahmung und Identi­fikation (46%), Aufbereitung, Reinigung und Repa­ratur (38%) sowie die Wiedereinlagerung der Arti­kel (32%). Der Wertverlust von Artikeln, die nicht mehr als A-Ware weiterverkauft werden können, stellt für immerhin 39% einen gravierenden Kosten­faktor dar.

Das sind die größten Kostentreiber im Retourenmanagement

Retourenvermeidung

Wie kann man diese kostspieligen Retouren am besten verhindern? Auf Platz eins liegen mit großem Abstand möglichst detaillierte Beschreibungen und Abbildungen der Artikel im Onlineshop. Diese Strategie verfolgen 62% der Befragten. Fast die Hälfte (48%) geht den Gründen für Reklamationen und Retouren nach. Es folgen eine sichere Verpackung (45%), Kontaktmöglichkeiten für eine persönliche Beratung (42%) sowie die Prüfung der Adresse und ein schneller Versand (jeweils 35%).

Die Retourenvermeidung hat bei 53% der Befragten den höchsten Stellenwert im Retourenmanagement. Der Hauptgrund sind die teilweise sehr hohen Retourenquoten: Bei knapp 75% der befragten Online-Händler erreicht die Rate einen Wert von bis zu 25%. Beim Rest zum überwiegenden Teil zwischen 26 und 50%.

Recyling

Gut die Hälfte (53%) der Befragten ist in der Lage, mindestens zwei Drittel der retournierten Artikel als A-Ware erneut zu verkaufen. Besonders hoch ist der Anteil bei Händlern aus den mengenmäßig stark von Retouren geprägten Bereichen Fashion und Accessoires sowie Sport und Freizeit.

Bei den Artikeln, die nicht oder nur zu einem geringen Anteil nochmals in den Verkauf ge­geben werden können, handelt es sich um solche von Händlern aus den Bereichen Health und Well­ness, Wohnen und Einrichten, Consumer Electro­nics, Do it Yourself und Garten sowie Nahrungs- und Genuss­mittel.

Wenn ein gewisser Anteil der Retouren nicht als A-Ware wieder verkauft werden kann, hat dies unter­schiedliche Gründe. Für fast zwei Drittel (62%) der befragten Online-Händler besteht die Ursache darin, dass die jeweiligen Artikel in der Qualität so sehr beeinträchtigt sind, dass die Aufbereitung nicht möglich oder zu aufwändig ist.

Alle weiter ge­nannten Gründe fallen dagegen deutlich ab. Darunter der am zweithäufigsten genannte Grund, dass die Wertigkeit der Artikel einen Wieder­verkauf verhindert, sobald sich Gebrauchsspuren daran befinden. Das haben 24% der Befragten angegeben.

Weitere Kriterien, die einen Wiederverkauf ver­hindern, sind für 15 bis 20% der Händler zu hohe Kosten der Retourenaufbereitung, die begrenzte Haltbarkeit und Hygieneanforderungen. Oder die Indi­vidualisierung der Artikel. Das heißt, sie wurden speziell nach Anforderungen der Erstkäufer hergestellt, zum Beispiel Maßhemden oder individuell designte Sneaker. Sonstige Gründe können sein: Der Artikel ist zu sehr verschmutzt, wurde bereits zusammengebaut, die Verpackung ist zu sehr beschädigt oder nach der Rücksendung durch den Erstkäufer ist keine aus­reichende Produktsicherheit mehr gewährleistet.

Resale

Retournierte Artikel, die sich nicht mehr als A-Wa­re aufbereiten und vermarkten lassen, verkaufen 36% der befragten Online-Händler in der Zweitvermarktung als B-Ware. Fast die Hälfte dieser Händler schleust auf diese Weise höchstens ein Drittel der Retouren ab.

Ein knappes Drittel aller Befragte gibt Retouren, wenn diese sich nicht mehr aufbereiten lassen und auch anderweitig nicht mehr verwendbar sind, in die Entsorgung bzw. ins Recycling. 22% verkaufen nicht mehr als A-Ware vermarktbare Artikel über Outlet-Stores. Ein knappes Viertel (24%) spendet die jeweiligen Arti­kel. Und 18% geben sie in den Personalverkauf.

Das passiert mit Retouren, die nicht mehr als A-Ware verkauft werden können.

Kein Corona-Effekt

Laut Studie hat die Corona-Pandemie bisher keine entscheidenden Auswirkungen auf die Retourenquote gehabt. Genau zwei Drittel der Befragten berichten von einem unveränderten Anteil an Rücksendungen. Bei 19% der Befragten ist die Quote sogar gesunken. Bei 15% fiel sie höher aus als in der Vor-Corona-Zeit.

Entwicklung der artikelbezogenen Retourenquote seit Beginn der Corona-Pandemie.

Über die Retourenstrategien der Online-Modeversender gibt die Studie keine Auskunft. Wie das EHI auf Anfrage mitteilte, lassen sich die Aussagen der befragten E-Fashion-Anbieter nicht extrahieren, da „die überwiegende Zahl der Studienteilnehmer, die Textilien im Sortiment führen, auch andere Sortimentsbereiche im Angebot haben“. Und wenn man nur die reinen Online-Modehändler abbilden würde, wären die Fallzahlen zu gering und somit nicht belastbar.

Die Modebranche liegt bei den Retourenquoten traditionell vorn. Bei einer im August 2020 durchgeführten Befragung von fast 2100 Internetnutzern im Alter von 18 bis 64 Jahren bejahten 46,5% der Befragten, in den vorangegangenen zwölf Monaten Online-Bestellungen retourniert zu haben. Fast jeder dritte Retournierer gab an, Bekleidung zurückgeschickt zu haben  (31,7%). Es folgen mit großem Abstand Schuhe (17,8%) sowie Taschen und Accessoires (5,7%). Damit belegen drei Modekategorien die ersten drei Plätze des Retouren-Rankings.

gelesen in: TextilWirtschaft today von Bert Rösch am 17.01.2022

 

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