Die Orderrunde für Taschen ist in vollem Gange. Welche Taschen sind zwingend für die Sortimente im nächsten Frühjahr? Bleiben auch Gürteltaschen noch Trendthema? Welche Farben werden stark eingestuft, welche Oberflächen? Fragen über Fragen, die am besten einem marktstarken Player wie Abro stellt.
TextilWirtschaft: An welchen Taschen kommt man in dieser Orderrunde nicht vorbei?
Stefan Bruder: Wir sind auf Taschen mit Überschlag in allen Größen programmiert, von klein und crossbar bis groß und lässig – genauso wie die Premium-Marken, die aktuell eher auf Überschlag als auf Reißverschluss gehen. Ansonsten nehmen weiterhin unsere Beutel, für die wir ohnehin stehen, einen wichtigen Part in der Kollektion ein. Noch ein Detail: Handyreißverschlussfächer außen an der Tasche kommen total gut an.
Abro steht doch auch für Flecht…
Hier betreten wir in dieser Saison die Welt des Ausgefallenen, gehen auf XXL-Flechtungen, mit denen wir uns in die Preisklasse bis 500 Euro VK wagen. Mehr und mehr Kunden nehmen das an.
Wie geht es mit Gürteltaschen weiter?
Die Fashion Leader sind damit eigentlich durch. Im Sommer 2020 wird sich herauskristallisieren, wie stark die breite Masse auf das Thema anspricht, daher sehen wir Bedarf an preisaggressiven Modellen um 129 Euro. Als modische Weiterentwickelung zeigen wir ausgefallenere Modelle und Hybridformen. Das Quertragen ist dabei das dominierende Bild. Preislich darf man bei dem Thema nicht übertreiben, bei größeren Varianten rufen maximal 149 Euro auf.
Gelb hat in diesem Sommer alle überrascht, nicht nur in der Bekleidung. Räumen Sie der Farbe auch im nächsten Sommer noch Chancen ein?
Bei Gelb wird’s jetzt ruhiger. Was ist das neue Gelb? Das ist die Frage, die wir uns alle stellen. Wir glauben stark an Brauntönen wie Cuoio, Natur, Cognac, sie kommen in Velours am schönsten raus. Bei hellen Farben wie Offwhite ist das anders, die gehen in Velours nicht wegen der Schmutzanfälligkeit. Oliv funktioniert in beiden Qualitäten hervorragend.
Wie geht es mit Dekoration weiter? Allerorten ist zu hören, dass Beruhigung in die Mode kommt.
Die Überschlagstasche verlangt nach Abwechslung, sie muss bespielt werden, das geht nicht immer so plain. Schlange und Leo haben wir zum Herbst sehr gut reinverkauft, wobei wir Leo zuletzt nur im Winter auf haarigen Qualitäten hatten. Jetzt setzen wir das Thema seit langem erstmals wieder als Print um, haben Leo auf Schlange gedruckt, so zu sehen etwa bei einem Shopper. Reptil ist in erster Linie bei den kleinen Formen gefragt, das haben fast alle genommen – auch um die Verbindung zum Schuh zu spielen. Kroko haben wir als Metallic-Variante in Specchio ausgearbeitet, in rotstichigem Gold, dem neuen Gold, oder aber in Silber.
Abro: Highlights aus der Kollektion zum Frühjahr 2020
Wie wird im Moment eingekauft, eher Basic-lastig oder Trend-getrieben?
Achim Bruder: In den vergangenen zwei bis drei Saisons gab es einen merklichen Ruck ins Modischere, Höherwertige. Topseller sind die ausgefallenen Teile, das hören wir unisono vom Handel. Selbst dort, wo lange nur Basics liefen, sind jetzt die besonderen Dinge gefragt, weil einfach extrem viel Ware am Markt ist. Jeder Händler ist anders strukturiert, aber wenn man bei Abro nur Anfangspreislagen kauft, führt das selten zum Erfolg. Das gilt genauso, wenn man Abro nur teuer einkauft, nur die ausgefallenen Teile. Es muss immer die Mischung da sein. Man braucht beides, bei den einen sind das nur 10% Highlights, bei den anderen ist es umgekehrt. Grundsätzlich wird es unserer Einschätzung nach noch stärker ins Modische gehen. Das spiegelt sich auch der Umgang mit Schwarz wider.
Schwarz, einst Taschenfarbe Nummer eins, ist rückläufig?
Schwarz ist da. Doch selbst in der Winter-Vororder, wo Schwarz eigentlich immer dabei ist, wurden zum Teil komplette Serien ohne Schwarz geschrieben, wobei das auch materialabhängig ist. Schwarz hat eine Flaute in Basis-Ledern, in Nappa aber ist es absolut angesagt. Steppungen im Winter zum Beispiel, das geht nur in Schwarz.
Inwieweit spielt das omnipräsente Thema Nachhaltigkeit in der Order eine Rolle?
Das Thema ist da, die Diskussion ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, aber im Orderverhalten ist es noch nicht wahrnehmbar. Die Industrie muss den Kunden entsprechende Angebote machen. Wir arbeiten in mehreren Bereichen schon sehr nachhaltig, kommunizieren das aber noch nicht offensiv. So produzieren wir bereits zu 100% in Europa, verwenden zu 100% europäisches Leder, zum Teil vegetabil gegerbt. Aber wir müssen noch einen Schritt weiter gehen, müssen uns fragen: Wie lassen sich Entfernungen noch verkürzen, lässt sich noch mehr vegetabiles Leder einsetzen? Generell aber besteht ganz klar weiterer Erklärungsbedarf – das müssen wir als lederverarbeitender Betrieb schon leisten.
Welche nichtledernen Materialien können Sie sich vorstellen?
Die Materialien müssen zur Marke passen. Taschen aus recycelten PET-Flaschen – das passt nicht zu uns. Bis dato hat uns noch kein Material zu 100% überzeugt, aber hier gehen die Entwicklungen relativ schnell. Da kann man sich vorstellen, dass es bald Materialien gibt, die vom modischen Ansatz gut funktionieren, Baumwolle, Wolle, Leinen, der komplette textile Bereich eignet sich eigentlich.
