Leerstände und Frequenzrückgang – gerade Händler in kleineren und mittleren Städten kämpfen mit der übermächtigen Konkurrenz aus dem Netz. Lokale Online-Marktplätze wie die Online City in Wuppertal, eine Plattform auf der sich Händler gemeinsam präsentieren, …
… sollen Abhilfe schaffen und Unternehmen befähigen, auch ohne finanziellen Großaufwand für den eigenen Online-Shop, vom E-Commerce-Business zu profitieren. Aber funktioniert das?
Tanja Grotzke, Inhaberin von Studio S Damenmode, einem 70m²-Store für Mode im mittleren Preissegment, sagt „Ja“. Und das, obwohl sie seit dem Start der Zusammenarbeit mit Online City Wuppertal Anfang 2015 gerade einmal drei Online-Bestellungen hatte. „Aber die Frequenz ist gestiegen“, so Grotzke. Vor allem Stammkunden würden häufiger kommen, nachdem sie sich vorab online informiert hätten. Und auch Neukunden ziehe es in den Laden in Wuppertals B-Lage. Zahlenmäßig beziffern kann Grotzke den Zugewinn nicht, aber sie freut sich über mehr Kunden und will Teil der Initiative bleiben. Gerade zu Beginn hatte sie jedoch erst einmal einiges an Mehrarbeit zu stemmen, gemeinsam mit ihrem Mann hat sie alle Fotos in Eigenregie aufgenommen und ins Netz gestellt. Zu jeder Kollektion aktualisiert sie die Fotos. Geht dann eine Bestellung ein, nimmt sie derzeit händisch das Produkt von der Seite und ein Kurier kommt, um es abzuholen. Demnächst will Grotzke ein Warenwirtschaftssystem an die Website anschließen, um das Ganze zu professionalisieren.
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Den wöchentlichen Arbeitsaufwand zur Pflege des eigenen Online-Auftritts schätzt Grotzke auf drei bis vier Stunden. Studio S Damenmode ist einer von rund 60 Läden in Wuppertal, die sich seit dem Start im Herbst 2014 der Online-City (www.onlinecity-wuppertal.de) angeschlossen haben.
Hinter dem Portal steht der Online-Dienstleister Atalanda, der u.a. auch lokale Online-Marktplätze in Attendorn, Heilbronn und Wolfenbüttel betreibt. Im Herbst soll Dortmund folgen. Über alle Online-Marktplätze hinweg sind derzeit rund 240 Händler und 500.000 Produkte angeschlossen. Geschäftsführer Roman Heimbold kann den wirtschaftlichen Erfolg hinsichtlich Erlössteigerungen und eingegangener Bestellungen pro Händler kaum beziffern, wie er sagt. Um das große Online-Geschäft gehe es für die Händler auch nicht, so Heimbold. „Was zählt, ist der Ropo-Effekt (Research online, Purchase offline), also online recherchieren und offline kaufen.“ 20 Euro monatlich kostet die reine Präsentation, für weitere 10 Euro kann der Händler die Shop-Funktion nutzen, hinzu kommt eine 8%ige Umsatzbeteiligung pro Bestellung für Atalanda. Wer bis 16:30 Uhr bestellt, erhält die Ware noch am selben Tag.
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Über die Kooperationen mit Verbundgruppen und ein neues Shop-Design will Atalanda den Auftritt der Händler verbessern und das Angebot ausweiten. Derzeit muten die Shops der Händler mitunter noch eher gut gemeint als gut gemacht an.
„Gefragt ist aber vor allem der Händler selbst“, so Heimbold. Nur wer sich engagiere und den Online-Shop wirklich als Filialerweiterung sehe, könne von dem lokalen Online-Marktplatz profitieren. Vermarktet wird das Online-Angebot derzeit noch vor allem über die Berichterstattung in den lokalen Tageszeitungen oder gemeinsame Offline-Aktionen wie ein Gemeinschaftsstand, dem (realen) Marktplatz. Das soll sich jedoch zumindest in Wuppertal bald ändern. „Über die Händlergemeinschaft gibt es künftig auch ein Marketingbudget, das wir nutzen können, um das Angebot der lokalen Händler bekannter zu machen“, sagt Christiane ten Eicken, zuständige Projektleiterin der Wirtschaftsförderung Wuppertal.
Die Vermarktung gleich mit verkauft Johannes Meßner, Managing Partner bei Cool Media. Das österreichische Unternehmen betreibt je einen Online-Marktplatz in Salzburg (www.salzburgshop.at) und in Südtirol (www.shop.triol) mit rund 400.000 Produkten. Als Kunde kann ich zwischen der normalen Standardbestellung und Click & Collect wählen.
Im Gegensatz zur deutschen Konkurrenz fährt das Wiener Unternehmen einen anderen konzeptionellen Ansatz.
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Die rund 200 Händler, 150 in Tirol und rund 50 in Salzburg, können für 99,99 Euro im Monat den Online-Marktplatz nutzen und profitieren zudem von der Kooperation mit Medienpartnern wie der Tiroler Tageszeitung und den Salzburger Nachrichten. Hier werden die Marktplätze crossmedial beworben. Wer als Händler lieber individuelle Werbung möchte, kann diese laut Meßner über eine Art Premium Paket für 199,99 Euro im Monat ebenfalls buchen. Anders als bei Atalanda gibt es keine Umsatzbeteiligung für Cool Media. Ende dieses Jahres soll auch in Oberösterreich ein Online-Marktplatz starten, zudem sei Wien im Gespräch, so Meßner.
Zur Anzahl der Bestellungen macht Meßner keine Angaben. Es gebe jedoch Händler, die über den Marktplatz bis zu 10% mehr Umsatz machten. „Das ist allerdings von Händler zu Händler sehr unterschiedlich“, räumt Meßner ein.
Lokale Online-Marktplätze mit unterschiedlichen Konzepten:
Mit einem großen Player hat sich die Stadt Mönchengladbach eingelassen. Unter www.ebay.de/rpp/mg können Kunden über das Ebay Portal bei regionalen Händlern der Stadt einkaufen. Rund 200.000 Produkte sind derzeit gelistet.Unter dem Arbeitstitel „MG bei eBay“ hat Mg.Retail, ein Projekt der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach und des eWeb Research Center der Hochschule Niederrhein, im Jahr 2015 gemeinsam mit Ebay die regionale Version des Ebay-Portals gestartet. Inzwischen gilt die Pilotphase als beendet, viele Händler bleiben aber dabei. Ursprünglich war das Portal mit 50 Händlern gestartet. Zuletzt waren es rund 80, sie haben in der Zeit von Oktober 2015 bis einschließlich Juni 2016 87.500 Artikel im Gesamtwert von 3,2 Mill. Euro verkauft.
„Die Ergebnisse zeigen, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelhandels in unserer Stadt durch einfache Omnichannel-Maßnahmen stärken lässt.“
Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach
„Mindestens drei Viertel der Händler wollen weitermachen und es kommen immer wieder neue hinzu“, heißt es bei der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach. Dabei können Händler, die seit Projektstart dabei sind, ihre Online-Shops noch bis Ende 2016 kostenfrei nutzen. Später angeschlossenen Händlern steht die Plattform noch bis Sommer 2017 kostenfrei zur Verfügung. Anschließend stehen laut Wirtschaftsförderung Shopgebühren von 300 Euro monatlich an, plus Umsatzbeteiligung für Ebay von 8%.
STUDIE: WAS KUNDEN WOLLEN
• 83% finden lokale Anbieter wichtig.
• 50% halten Online-Infos zu aktuellen Angeboten und zum verfügbaren
Sortiment für selbstverständlich.
• Jeder Zweite erwartet, dass es möglich ist, online zu reservieren oder zu
bestellen.
„Die Ergebnisse zeigen, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelhandels in unserer Stadt durch einfache Omnichannel-Maßnahmen stärken lässt“, sagt Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach.
Dass gerade für den lokalen Handel in Sachen Online-Präsenz noch Luft nach oben ist, unterstreicht auch eine aktuelle Umfrage. In der von Yatego Local in Auftrag gegebenen Studie „Lokale Einzelhändler im digitalen Zeitalter“, für die im Sommer 2016 1600 Internet-Nutzer befragt wurden, geben 83% an, dass sie lokale Anbieter wichtig finden. Das schnelle Auffinden im Netz eines Händlers oder Anbieters gehört für vier Fünftel der Befragten „heute einfach dazu“. Darüber hinaus hält die Hälfte der Befragten, Online-Infos zu aktuellen Angeboten und zum verfügbaren Sortiment für selbstverständlich. Ebenfalls jeder Zweite erwartet zudem, dass es möglich ist, online zu reservieren oder zu bestellen.
Gelesen in: TextilWirtschaft today 21.09.2016
Hier der gesamte Text als pdf-Datei: